Vor fünf Jahren begann eine kleine Revolution in der E-Learning Industrie. Der Standard SCORM (Shareable Object Reference Model) war sozusagen Schnee von gestern und etwas Neues rückte in den Mittelpunkt: Die Experience API – auch bekannt als TinCan API oder xAPI. Es versprach uns Großartiges und eine aus pädagogischer Sicht lange erwartete Verbesserung; eine einfache und flexible Spezifikation, die alle Lernaktivitäten einer Person oder einer Gruppe erfassen kann, egal ob sie online oder offline stattfinden. Avallain hat das Potential sofort erkannt und die Experience API sehr früh zum Thema der eigenen Forschung und Entwicklung gemacht.

Was ist also unsere Erfahrung mit der Experience API? Hält TinCan was es verspricht, oder ist es nur ein technologischer Hype?

Was genau ist die Experience API?

​Die Experience API ist eine Open Source Spezifikation für eine Web API (Application Programming Interface), die von Advanced Distribution Learning (ADL) initiiert wurde, der Organisation, die bereits SCORM publiziert und beaufsichtigt hat. Im Endeffekt definiert die Experience API eine gemeinsame Sprache zwischen den Lernumgebungen, in denen eine Person oder eine Gruppe lernt oder Erfahrungen sammelt. Dies beinhaltet auch weniger offensichtliche und informelle Lernerfahrungen, wie z.B. Lernaktivitäten, die ohne Verbindung zum Internet stattfinden, soziales Lernen oder Lernerfahrungen, die in virtuelle Welten und Spielen gesammelt wurden. Die Spezifikation ist an keine Hardware, Software oder irgendeinen Kontext gebunden und übernimmt dort, wo SCORM aufgehört hat. Dies erfasst weitaus besser unsere modernen Erfahrungen mit Technologien, die vielschichtig, mobil und komplex sind.

Man denke zum Beispiel an einen Lehrer, der eine Lern-App nutzen will, um seiner Klasse einen bestimmten Sachverhalt zu illustrieren. Diese Lern-App ist jedoch nicht Teil des Lernmanagement Systems (LMS) der Schule, aber relevant und hilfreich und die Lernergebnisse geben wichtige Erkenntnisse zum Lernfortschritt. Mit dem Einsatz der Experience API können Lernende die App nutzen und ihre Lernergebnisse werden dennoch im schulischen LMS gespeichert. Sie können darüber in sozialen Netzwerken diskutieren und auch diese Lernaktivitäten werden erfasst und gespeichert. Dann, wenn sich die Klasse wieder trifft, um ihre Lernerfahrungen auszutauschen, können die Ergebnisse dieser offline Diskussion zum Protokoll hinzugefügt werden. Nichts von dem Erlernten geht verloren – weder für die LernerInnen noch für die LehrerInnen.

Wie funktioniert sie?

Das ist der elegante Teil. Die Experience API nutzt die selbe Struktur, die wir schon immer genutzt haben, um unsere Erfahrungen zu beschreiben und zu protokollieren.

Subjekt  +  Verb  +  Objekt

Oder einfach:

Ich            tat          dies

Alle unsere Aktivitäten und Erfahrungen können in dieser Form beschrieben werden:

Subjekt            Verb             Objekt

(Actor)

Sie                       besuchte              ?

Er                         spielte                  ?

Frank                   betrachtete           ?

Sie                       bewältigen            ?

Das ist die Grundlage der Experience API: Aktivitätsbeschreibungen werden in sehr einfachen Statements zusammengefasst. Wenn diese Statements protokolliert werden müssen, werden sie an einen Speicherort, den sogenannten Learning Record Store (LRS), gesichert versendet und abgespeichert. Die LRSs können sich innerhalb eines Lernmanagement Systems befinden oder aber eigenständig laufen. Zwei Dinge haben jedoch alle gemeinsam: die Sprache, die sie nutzen und die Tatsache, dass sie fähig sind mit anderen LRSs zu kommunizieren.

Auf diese einfache Weise verspricht die Experience API einen neuen, freien und bedeutungsvollen Dialog zwischen den verschiedenen Orten an denen wir lernen. Nichts von den auf unserem individuellen Lernpfad erworbenen Ergebnissen geht verloren, und das wird zusammen mit modernen Analysen noch interessante Erkenntnisse hervorbringen. Dieser bedeutende Einblick ins gesamte Spektrum unserer Lernaktivitäten kann uns Hinweise darüber geben, wie und wo wir am besten gelernt haben. Wir erkennen Schwachstellen und wie sie sich über einen Zeitraum verändern. Aufkommende Interessen, Fertigkeiten und auch blinde Flecken werden verdeutlicht und zusätzlich erfahren wir, welche Inhalte in welchem Kontext am besten funktionieren.

Also, was halten wir von der Experience API?

Wir haben schon immer das Potential gesehen, waren früh involviert und haben unser eigenes LRS entwickelt.  Es war uns von Anfang an wichtig, dass die Inhalte, die in Avallain Author entwickelt wurden, diesen Standard unterstützen. Wir sind davon überzeugt, dass die Experience API die Branche in die richtige Richtung führt, hin zu dem, was Lernen sein sollte: ein vernetzter Lernprozess.

Aber es ist kein Allheilmittel. Bisher haben wir sozusagen die Grammatik für diese neue gemeinsame Sprache, aber noch nicht das Vokabular. Es wird nur seine volle Wirkung entfalten, wenn wir standardisierte  Subjekte, Verben und Objekte verwenden. Auch ist aus unserer Sicht die Einhaltung der Spezifikationen nicht der Endzweck, sondern es ist erst der Anfang. Zwei Systeme mögen konform sein, aber das macht ihre Kommunikation noch lange nicht bedeutungsvoll für das Lernen oder garantiert ihre kombinierte Leistung. Und wenn ein LRS immer ein Teil einer größeren, verflochtenen Architektur ist, wo soll die übergreifende Analyse der Lernergebnisse und Aktivitäten stattfinden und mit welchen Werkzeugen? Mit anderen Worten, die meisten der kreativen und technischen Herausforderungen bleiben, auch wenn die Möglichkeiten immer noch interessanter werden.

Vielfältiges Lernen – die Zukunft jenseits von SCORM?

Die Experience API bietet uns einen Weg, einige der Einschränkungen von SCORM hinter uns zu lassen und erlaubt ein vielfältigeres Lernerlebnis; eines das digital, mobil, in der Freizeit, sozial, online, offline und lebenslang stattfinden kann. So soll es auch sein und wir werden weiterhin mit dieser Spezifikation arbeiten und unseren Teil dazu beitragen, dass sie ausreift.  Es darf allerdings nicht zu einer Ablenkung werden von dem, was eine exzellente Lernerfahrung untermauert: inspirierende Inhalte, kreative Kollaboration, solide Pädagogik und aussergewöhnliches Design.

Avallain hat sich zum Ziel gesetzt sinnvolle Lösungen für ein erfolgreiches digitales Lernen anzubieten. Dafür bleiben wir immer am Puls der Zeit, beobachten neue technologische Strömungen und implementieren nur die überzeugendsten in unsere Technologie, wie zum Beispiel die Experience API.

Kontakt

Daniel Seuling, Head of Communications, dseuling@avallain.com